Die Alte Aller bei Verden ist heute der einzige erhaltene Altarm entlang der Aller im Landkreis Verden und zeugt mit seinen weidenbestandenen, unverbauten Ufern vom einstigen naturnahen Aussehen des Flusses. Vor einigen Jahrhunderten wurde das Flussbett zugunsten der Schifffahrt näher an die Stadt verlegt. Zur besseren Wasserversorgung des neuen Hauptlaufs wurde die Alte Aller später vom Hauptstrom abgetrennt. Heute bietet der Altarm einer Vielzahl von selten geworden Pflanzen- und Tierarten ein Zuhause. Die fehlende dauerhafte Durchströmung führte zu einer zunehmenden Verlandung des Gewässers und auf Dauer zum Verschwinden dieses Lebensraumes.
Die erste, große Maßnahme, die im Rahmen des „AllerVielfalt Verden“-Projektes umgesetzt wurde, ist der Wiederanschluss der Alten Aller an den Hauptstrom. Das Vorhaben geht auf eine Initiative des Vereins der Sportfischer Verden/Aller e.V. zurück, die die ersten Planungsschritte bis Mitte der 2010er Jahre begleitet haben, und wurde vom Landkreis Verden bis zur abschließenden Genehmigung im Jahr 2019 weitergeführt. Im Rahmen des vom NABU Bundesverband initiierten BBD Projekt „AllerVielfalt“ wurde diese Maßnahme in das Projekt aufgenommen. Von November 2022 bis Februar 2023 fanden die Bauarbeiten am südlichen Ende der Alten Aller statt. Im September 2023 wurden noch letzte Nacharbeiten durchgeführt und im Frühling dieses Jahres wurde der Bodenaushub für den Deichneubau an der B216 verwendet. Damit ist die erste Renaturierungsmaßnahme vollends abgeschlossen und wurde am 24.10.2024 offiziell von der Wasser- und Bodenbehörde abgenommen.
Um den Altarm wieder an den Hauptstrom der Aller anzuschließen, wurde er mit dem bisher isolierten Altgewässer und dem Einlauf über zwei neu angelegte Gerinne mit 10 m Breite und 3 m Tiefe über eine Länge von insgesamt 350 m verbunden. Durch den Wiederanschluss des Altarms entstand eine Insel, weshalb an dem Einlauf des Altarms eine Furt neu angelegt wurde, um den Zugang für die Landwirte zu ermöglichen. Die Furt ist so gebaut worden, dass sie bei Pegelständen über Mittelwasser überspült wird und eine Durchströmung stattfindet.
Die Alte Aller bietet nun durch ihre naturnahe Beschaffenheit und der geringen Strömung wieder vielen Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause. Sie ist ein ideales Laichhabitat für eine Vielzahl an Fischarten wie dem Bitterling. Der kleine Karpfenfisch gehört zu den stark gefährdeten Fischarten in Deutschland und ist bei seiner Fortpflanzung auf das Vorkommen von Fluss- und Teichmuschel angewiesen, deren Bestand in der Alten Aller ausreichend vorhanden ist.
Schon gewusst?
Im Vergleich zu seinen Artgenossen hat der Bitterling eine ungewöhnliche Fortpflanzungsmethode entwickelt. Zur Laichzeit, von April bis Juni, legt das Bitterling Weibchen mit Hilfe ihrer Legeröhre 1-2 Eier in den Kiemenraum einer Großmuschel ab. Anschließend entlässt das Männchen seine Spermien ins Wasser nahe der Muschel, welche dann über die Wasserströmung ebenfalls in die Muschel gelangen. Insgesamt legt das Bitterling Weibchen an die 250 Eier, verteilt auf mehrere Muscheln.
Auch für die seltene und bedrohte Schwimmpflanzenart, die Krebsschere, stellt der Altarm aufgrund seiner langsamen Fließgeschwindigkeit einen geeigneten Lebensraum dar. Die Wasserpflanze benötigt zudem klares und sauberes Wasser, um zu gedeihen und steht durch die Bundesartenschutzverordnung unter Schutz. Im restlichen Projektgebiet ist die Krebsschere kaum noch vorhanden, daher trägt der Erhalt und Wiederanschluss der Alten Aller an den Hauptstrom wesentlich zu ihrem Schutz bei.
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